Hochfügen (dpa) - Der Münsteraner Linus Gerdemann hat sein eindrucksvolles Comeback fortgesetzt und die Königsetappe der Deutschland-Tour gewonnen.
Der Radprofi vom T-Mobile-Nachfolger Columbia erwies sich in den Tiroler Alpen als bester Kletterer und meldete als neuer Träger des Gelben Trikots seine Ansprüche auf den Gesamtsieg an. Der 25-Jährige erreichte 16 Sekunden vor seinem Team-Kollegen Thomas Lövkvist (Schweden) nach 4:42:54 Stunden die 1463 Meter hohe Skistation Hochfügen. «Nach meiner Verletzung konnte man nicht damit rechnen. Das war ein ganz hartes Stück Arbeit», sagte Gerdemann. Er führt in der Gesamtwertung nun vor Lövkvist (+17 Sekunden) und dem Tagesdritten Janez Brajkovic (+20).
Der Wahl-Schweizer Gerdemann hatte Pech. Wenige Kilometer vor dem Ziel verfing sich sein Funkgerät am hinteren Kettenblatt. «Ich habe dadurch viel Zeit verloren. 30 Sekunden hat das bestimmt gekostet», meinte Gerdemann nach der anspruchsvollen Auftaktetappe über 178 Kilometer durch das österreichische Zillertal. Titelverteidiger Jens Voigt aus Berlin büßte 8:48 Minuten ein und muss nach seinem Einbruch die Hoffnung auf den Hattrick begraben. «Dass ich leidend ins Ziel gefahren bin, ist mir lange nichts passiert», meinte Voigt. «Ich hatte eine suboptimale Vorbereitung.»
Die Entscheidung fiel wie erwartet erst auf dem 13 Kilometer langen Schlussanstieg mit einer durchschnittlichen Steigung von sieben Prozent. Gerdemann fackelte dabei nicht lange. Bereits zu Beginn des letzten Berges der 1. Kategorie forcierte er das Tempo, so dass seine Rivalen Voigt und Bernhard Kohl (Gerolsteiner) abreißen lassen mussten. Kohl verlor 9:18 Minuten. Einzig der Schwede Lövkvist, der Italiener Pietro Caucchioli und José Rujano (Venezuela) konnte lange mithalten, mussten dann aber wie zuvor Gerolsteiner-Profi Markus Fothen die Stärke Gerdemanns anerkennen. Auf den letzten, etwas flacheren fünf Kilometern fuhren dann noch der Niederländer Bauke Mollema und Brajkovic an die Verfolger heran.
Mit seinem ersten Etappensieg bei der Deutschland-Tour setzte Gerdemann fünf Monate nach seinem schweren Sturz bei der Fernfahrt Tirreno-Adriatico, bei der er einen Beinbruch und einen Kreuzbandanriss erlitten hatte, seine starke Comeback-Tour fort. In den vergangenen beiden Wochen hatte der von Milram umworbene Fahrer bereits die Tour de l'Ain sowie die Coppa Agostini gewonnen.
Bereits kurz nach dem Start im Wintersportort Kitzbühel, in dem der Australier Brett Lancaster (Milram) mit seinem Prolog-Sieg ins Gelbe Trikot geschlüpft war, suchte ein Quartett um den Milram-Fahrer Dominik Roels sein Heil in der Flucht. Zwischenzeitlich betrug der Vorsprung der vier Profis knapp acht Minuten auf das Hauptfeld, aber bereits am Beginn des Schlussanstiegs hatte Gerdemanns Columbia-Team das Peloton mit kontinuierlicher Tempoarbeit wieder an die Ausreißer herangeführt, so dass es zum Ausscheidungsrennen der Top-Fahrer kam.
Einer der Favoriten war bei traumhaftem Sommerwetter zuvor schon frühzeitig ausgestiegen. 60 Kilometer vor dem Ziel beendete der zweifache Vuelta-Sieger Denis Mentschow aus Russland das Rennen. Schon am Vortag beim Prolog hatte sich der Rabobank-Fahrer in schwacher Form präsentiert.
Auf der 2. Etappe, die auf deutschen Boden führt, könnte es nochmals Veränderungen im Gesamtklassement geben. Von München geht es zum mittelfränkischen Hesselberg, wo im Finale auf 595 Metern Höhe mit Attacken zu rechnen ist.