Wangen (dpa) - Kaiserwetter, über 300 000 Zuschauer und ein bestens aufgelegter Hauptdarsteller Jan Ullrich: Die Premieren-Veranstaltung der 6. Deutschland-Tour nach der Wiederbelebung der Rundfahrt 1999 hätte «nicht besser laufen können», freute sich Tour-Chef Kai Rapp.
Nach dem Ausstieg des bisherigen Hauptsponsors seien Rapp im Winter «ein, zwei graue Haare» gewachsen. Tatsächlich hing der Fortgang des insgesamt rund 5,5 Millionen Euro teuren Unternehmens vor einigen Monaten am seidenen Faden. Doch neue namhafte Geldgeber wurden akquiriert, und die Aufnahme der Deutschland-Tour vom kommenden Jahr an in den Elite-Club der Pro-Tour des Weltverbandes eröffnet Perspektiven.
Immer nach vorne schauen mit Optimismus, denkt sich Rapp und formulierte sogar einen frommen Wunsch: «Langfristig wollen wir die Nummer zwei hinter der Tour de France werden.» Zwingend notwendig dafür: potente Geldgeber, die der Veranstaltung die Treue halten. Die Aussichten dafür sind nicht schlecht. Im Moment decken fünf Haupt-Finanziers über 60 Prozent der Ausgaben. Mit dabei: Die Handelskette Edeka, T-Mobile, der Tourismus-Verband Tirol und die ARD, die zum ersten Mal Live-Bilder in drei Länder (USA, Belgien, Frankreich) verkaufte.
Im kommenden Jahr wird die nationale Tour, die in diesem Jahr mit Topfahrern gespickt ist, in den August (15.-23.) verschoben und auf neun Tage ausgedehnt. «Die Kürze und Übersichtlichkeit ist unser Plus», meinte Rapp, der 2005 mit der Rundfahrt die «große Tour-de-France-Revanche» inszenieren will. Die Farbe des Trikots für den Spitzenreiter wurde vorsichtshalber bereits in diesem Jahr von weiß auf gelb gewechselt - vielleicht zum besseren Verständnis für den US- Zuschauer, der sich bei Lance Armstrong an diese Farbe gewöhnt hat.
Als zusätzlicher Reiz für Sponsoren und Zuschauer soll die Deutschland-Tour im kommenden Jahres als Promotion für die Fußball-WM 2006 stattfinden. Das heißt, fast alle 12 WM-Städte sollen sich im Streckenplan wiederfinden. «Die FIFA hat schon ihr Okay gegeben», sagte Rapp, der sich vorstellen könnte, 2005 in Stuttgart zu starten, über München nach Nürnberg zu fahren, dann im Westen «zu spielen», nach einem Transfer in Hamburg und Berlin fortzufahren, um dann wieder nach Leipzig zu wechseln, wo am 6. Juni auch die diesjährige Ausgabe endet.
Roland Hofer, seit Jahren Rennleiter der Deutschland-Tour, die zum Auftakt 2004 in Dresden den Schock des Todes des französischen Profis Fabrice Salanson zu verdauen hatte, bremst die Euphorie der hiesigen Organisations-Chefs etwas. «Die Nummer zwei nach der Tour de France zu werden, ist sicher nicht so leicht. Da gibt es noch den Giro und andere Rundfahrten. Aber die Deutschland-Tour ist auf einem guten Weg und mit zukünftig neun oder zehn Tagen Dauer haben wir eine gute Distanz, die den Ausmaßen Deutschlands gerecht wird», sagte der Schweizer, der Jahr für Jahr prominentere Fahrer an Land zieht.