Berlin (dpa) - Die deutsche Radsport-Welt verändert sich: Jan Ullrich ist längst vom Sockel des Radsport-Helden gestürzt, ein langjähriger Sponsor beendet sein Engagement und einige Rennen finden im kommenden Jahr nicht mehr statt. Der Radsport habe sich nicht durch die Aussagen des Doping-Kronzeugen Patrik Sinkewitz, «sondern durch Suizidversuche selbst auf die Intensivstation gebracht», sagte Christian Frommert, Kommunikations-Chef von T-Mobile.
Auch der neue inländische Platzhirsch, das vom ehemaligen Mathematiklehrer Hans-Michael Holczer geleitete Team Gerolsteiner, kämpft ums Überleben über das Jahr 2008 hinaus. Der Mineralwasser-Hersteller steigt zum Ende der kommenden Saison als Sponsor aus. Holczer konnte trotz des verbreiteten Optimismus' noch keinen neuen Geldgeber präsentieren. Ob die Telekom-Entscheidung Einfluss auf die Suche nach einem neuen Sponsor hätte, könne nicht gesagt werden - mehr war aus dem Team-Management nicht zu erfahren.
Die 1999 wiederbelebte Deutschland-Tour bangte schon im Vorjahr um die überlebenswichtigen TV-Gelder, die für 2008 nach der Intendanten- Entscheidung noch nicht gesichert sind. Die Übertragung sei davon abhängig, ob die D-Tour überhaupt stattfinde, sagte der ARD- Vorsitzende Fritz Raff in Bremen. Zudem «hängt einiges von der Akzeptanz der Zuschauer» ab.
Für die 29 T-Mobile-Profis und die Teamleitung um den geständigen Ex-Profi Rolf Aldag wird sich in der kommenden Saison nicht viel ändern. Sie werden wahrscheinlich als neues amerikanisches Team «High Road» mit altem Telekom-Geld weiterfahren. «Wir haben genug Mittel, um die nächsten zwei Jahre weiter zu fahren, ohne einen neuen Sponsor dabei zu haben. Trotzdem bemühen wir uns natürlich um neue Geldgeber, die zu uns passen», sagte Team-Manager Bob Stapleton, der mit Telekom einen für ihn wahrscheinlich sehr lukrativen Ausstieg verhandelt hat. Schließlich hatte der Kommunikations-Riese den millionenschweren Kalifornier noch im August mit einer Unterschrift der künftigen Unterstützung bis 2010 versehen. Nach ARD-Informationen soll sich Telekom mit rund 25 Millionen Euro herausgekauft haben.
«Wir haben bindende Verträge. Da kann ich keine weiteren Details nennen. Es ist klar, dass das für uns kein preiswertes Unterfangen war. Aber ich denke, wir haben eine Verpflichtung auch gegenüber dem Radsport, dem wir ja auch viele Erfolge zu verdanken haben, so dass es fair ist, wenn die Mannschaft zumindest noch ein Jahr weiterfahren kann», sagte Stefan Althoff, der Leiter des Sponsorings der Telekom, im Radiosender «WDR-5-Morgenecho». Der Kampf gegen Doping werde fortgesetzt: «Wir bleiben einer der großen Förderer der Anti-Doping- Kommission hier in Deutschland.»
«Ich bin erstmal froh, dass es weitergeht. Das ist das Wichtigste. Wir müssen jetzt nach vorne blicken. Alles Weitere muss ich erstmal sacken lassen», sagte Linus Gerdemann, der im Juli nicht nur von T-Mobile nach seinem Tour-Etappensieg, der ihm für einen Tag das Gelbe Trikot gesichert hatte, als neuer Vertreter der «sauberen Generation» gefeiert wurde. Der 25-Jährige befindet sich mit seinem Team-Kollegen Gerald Ciolek im Trainingslager auf Mallorca.