Köln (rad-net) - Rolf Wolfshohl ist der erfolgreichste deutsche
Querfeldeinfahrer. In 15 Jahren gewann der Kölner zwölf WM-Medaillen und wurde
dreimal Weltmeister (1960, 1961 und 1963). Wie er den heutigen Querfeldeinsport
erlebt, schildert der 66- Jährige in diesem Interview.
Sind Sie noch aufmerksamer Beobachter der Szene?
Gehen Sie manchmal noch zu Rennen?
Rolf Wolfshohl: „Leider nein, denn die Rennen
in Deutschland sind doch weniger geworden. Selbst im meinem Verein fehlt es an
Nachwuchs, was ich sehr bedauere."
Sie haben zwischen 1958 und 1973 zwölf WM-Medaillen gewonnen und 15 Jahre
die internationale Crossszene beherrscht. Ihnen folgten Klaus-Peter Thaler und
Mike Kluge. Danach folgte in Deutschland ein großes Loch. Woran liegt das?
Wolfshohl: „Wir hatten einige hoffnungsvolle
Talente. Nach den Triumphen von Thaler und Kluge gab es einige gute
Nachwuchsfahrer, die bei Weltmeisterschaften Medaillen holten. Ich denke da an
Maik Müller, Jürgen Sprich oder Ralph Berner. Bei der Weltmeisterschaft in
München 1985 hatten wir drei Junioren unter den ersten Zehn. Daraus hätte man
etwas machen können. Aber eine solide und kontinuierliche Entwicklung braucht
ihre Zeit. Meiner Meinung nach hat der Verband den Fehler gemacht, dass sich die
Fahrer vor einigen Jahren auf den Straßen- oder Querfeldeinsport konzentrieren
sollten, weil man angeblich nicht beide Sportarten gleichzeitig betreiben kann.
Ich halte das für einen Fehler. Heute sieht man, wohin das geführt hat. Der
Crosssport lag in Deutschland am Boden. Jetzt, wo das Kind in den Brunnen
gefallen ist, arbeitet man an neuen Konzepten, aber das dauert einige
Jahre."
Aber Weltmeister Bart Wellens sagt, dass es nicht möglich ist, in beiden
Sportarten gut zu sein.
Wolfshohl: „Nicht, wenn man es so intensiv betreibt
wie Wellens, der seinen Schwerpunkt klar in den Winter legt und von Oktober bis
März im Gelände mehr als 40 Rennen fährt. Aber ein guter Straßenfahrer ist
auch meist ein guter Crossfahrer. Der Crosssport ist doch als
Winterbeschäftigung für Straßenfahrer entstanden Wenn man sich auf einige
wenige große Rennen konzentriert, dann ist beides möglich. Davon bin ich
überzeugt. Klaus-Peter Thaler und ich sind nicht ins Gelände gegangen, um
Weltmeister zu werden, sondern es diente uns als Vorbereitung auf die
Straßensaison, wo wir trotz unserer Erfolge im Gelände ja auch nicht schlecht
waren."
Wie kann man in Deutschland den Crosssport populärer machen?
Wolfshohl: „Das lässt sich nicht von heute auf
morgen machen. Das Problem ist, dass wir die Leute nicht mehr haben, die auch
international eine Rolle spielen. Diese Aufbauarbeit dauert ihre Zeit. Aber
Querfeldein ist ein kurzweiliger, interessanter Sport. Da ist viel möglich. Der
Skisport hat sich in dieser Hinsicht gut verkauft. Die Leute wollen heute nicht
mehr viele Stunden zuschauen. So etwas wie im Biathlon auf Schalke ist auch im
Radsport möglich. Warum kann man nicht mal ein Crossrennen in die Halle
bringen? Wenn es gelänge, Fahrer wie Jan Ullrich ein, zwei Mal im Jahr ins
Gelände zu bringen, dann hätte das Fernsehen mehr Interesse und es würden
auch wieder mehr Sponsoren anbeißen. Es ist alles nur eine Frage der
Vermarktung."
Hat sich der Crosssport im Vergleich zu Ihrer Zeit stark verändert?
Wolfshohl: „Er ist eleganter geworden, es gibt nicht
mehr so viele Schlammrennen wie noch zu meiner Zeit. Querfeldeinsport hat sich
mehr dem Straßenrennen angenähert. Dadurch ist er auch für Zuschauer und
Sportler attraktiver."
Sie planen im kommenden Winter eine neue Querfeldeinserie. Mit welchem
Ziel?
Wolfshohl: „In erster Linie wollen wir dem Nachwuchs
eine Chance geben, sich wieder für diesen Sport zu begeistern. In
Nordrhein-Westfalen hatten wir diesen Winter gerade einmal zwei gute Rennen. Das
ist viel zu wenig, um die Sportart wieder für Fahrer und Publikum populärer zu
machen. Zusammen mit der Liga Köln-Kalk plant mein Verein „Le Loup"
Köln eine Trainingsserie mit abschließendem bundesoffenen Rennen am Kölner
Gaskessel, wo früher schon bedeutende Crossrennen stattfanden. Ich hoffe, dass
wir entsprechende Unterstützung aus dem Bezirk bekommen. Dann ist es ein guter
Anfang."