Santiago de Compostela (dpa) - Vor acht Wochen schien er am Ende: Schienbeinbruch, Aufgabe der Tour de France. Bei der 69. Vuelta gelang Radprofi Alberto Contador eine sportliche Wiedergeburt. Der 31-Jährige knüpfte an alte Zeiten an und war der gesamten Konkurrenz überlegen und die 69. Vuelta stand ganz im Zeichen des Madrilenen, der nach seinem Sturz bei der Tour de France in seiner Heimat eigentlich gar nicht starten wollte.
Die Worte der Teamleitung und sein schneller Genesungsprozess nach dem diagnostizierten Schienbeinbruch auf der zehnten Tour-Etappe überzeugten ihn. Lediglich der ebenfalls beim Saisonhöhepunkt in Frankreich gestürzte Brite Chris Froome konnte Contador in einem bis zum Schluss heiß umkämpften Finale einigermaßen Paroli bieten.
«Ich bin sehr glücklich - das ist ein weiterer großer Rundfahrtsieg. Ich habe die beiden Königsetappen gewonnen - was will ich mehr», sagte der Tinkoff-Kapitän, nachdem er am vorletzten Tag in Ancaris die letzten Hindernisse für seinen Gesamtsieg nach aufopferungsvoller Froome-Gegenwehr aus dem Weg geräumt hatte. Auch dessen Teamchef Sir Dave Brailsford lobte den Lokalmatador: «Der Stärkste hat gewonnen». Das abschließende Zeitfahren am Sonntagabend in Santiago de Compostela war für Contador nur noch Formsache.
Noch vor acht Wochen schien nichts auf ein solches Happy-End hinzudeuten. Unterhalb des rechten Knies blutete Contador stark. Er humpelte nach einem selbst verschuldeten Sturz auf der Vogesen-Etappe auf die Planche-des-Belles Filles ins Team-Fahrzeug und gab die Tour auf. Wenig später folgte die eigentlich niederschmetternde Diagnose: Schienbeinbruch. Nach neuesten Behandlungsmethoden vergehen bis zur ersten behutsam möglichen Belastbarkeit des verletzten Knochens rund vier Wochen.
Bereits 14 Tage nach seinem Ausstieg soll Contador unweit seines Wohnortes Lugano schon wieder im Bergtraining beobachtet worden sein. Die spanische Presse schrieb «von der besonderen Leidensfähigkeit» ihres Volkshelden, dessen Clenbuterol-Vergehen bei der Tour 2010 vor allem in seinem Heimatland längst vergessen ist. Sein Teammanager Oleg Tinkow lobte die Professionalität seines bestbezahlten Angestellten: «Er hat mit dem unverletzten Bein schon Spinning gemacht, als das andere noch ruhiggestellt war.»
Der Toursieg vor vier Jahren wurde Contador aberkannt, genau wie der Giro-Erfolg ein Jahr später. Der Sieg bei der am Sonntag zu Ende gehenden Vuelta eingerechnet, steht der Kletterkünstler, der die Berge auf seinem Rad regelrecht hoch zu tanzen scheint, bei jetzt sechs Rundfahrterfolgen in Spanien, Frankreich und Italien. Da kann ihm kein aktueller Profi das Wasser reichen.