Brignoles (dpa) - Zumindest bis zu den Pyrenäen ist die Hackordnung im Super-Team Astana zwischen Alberto Contador und Lance Armstrong geklärt. Aber als große Unbekannte kristallisiert sich Andreas Klöden heraus.
Klöden gibt mit seiner starken Vorstellung beim 15,5 Kilometer-Zeitfahren zum Auftakt der Tour de France zu Hoffnungen Anlass. Als vielfach einsetzbarer Joker kommt dem 34-Jährigen in der Taktik des ausgebufften Team-Chefs Johan Bruyneel eine große Bedeutung zu. Die von Astana angekündigte «neue Französische Revolution» ist mit vier Radprofis unter den ersten zehn beim Zeitfahren jedenfalls nach Fahrplan gestartet. Armstrong fühlte sich trotz Platz zehn aber nicht als Verlierer: «Ich hatte keine großen Illusionen. Ich hatte nicht erwartet, zu gewinnen oder das Gelbe Trikot zu holen.»
Sein stallinterner Rivale Alberto Contador, der 18 Sekunden hinter Tagessieger Fabian Cancellara auf Platz zwei fuhr und Armstrong 22 Sekunden abnahm, war nach dem vorerst gewonnenen Astana-Machtkampf sichtlich eine Last genommen. Das ihm nach dem Rennen verliehene rot- gepunktete Bergtrikot soll nur eine Übergangsstation sein. «Es ist ganz schön, aber in den nächsten Tagen möchte ich es gegen eine andere Farbe tauschen», sagte der Madrilene, der nie einen Zweifel an seinen Ambitionen ließ: «Ich will die Tour zum zweiten Mal gewinnen». Milram-Kapitän Linus Gerdemann, der 19. wurde, fühlte sich gegen die übermächtige Astana-Konkurrenz fast wie ein Kreisligist: «Die sind wie Real Madrid.»
Bruyneels Masterplan sieht das Gelbe Trikot für seine «Galaktischen» am 7. Juli vor. Beim Teamzeitfahren rund um Montpellier über 40,5 Kilometer liegt das Gelbe Trikot für Contador schon parat, wenn Astana Cancellaras Saxo-Bank-Team mindestens 19 Sekunden abnimmt. Eine Änderung dieser Konstellation ist bis dahin nicht zu erwarten.
Neuer Gesamt-Zweiter könnte dann Astana-Joker Andreas Klöden sein, der beim Zeitfahren in Monaco nur vier Sekunden auf Contador verlor. Der Berliner Jens Voigt traut seinem langjährigen Weggefährten durchaus zu, ein gewichtiges Wörtchen an der Spitze des Gesamtklassements mitreden zu können. «Traditionsgemäß ist er bei der Tour immer sehr stark. Er war ein paar Mal auf dem Podium. Ihn darf man nicht abschreiben», sagte Voigt. Allerdings habe ihm Klöden bei der gemeinsamen Besichtigung des Formel-1-Kurses erklärt, Contador und Armstrong stünden in der Team-Hierarchie vor ihm.
Auch wenn dies Armstrong noch nicht unterstreichen konnte: Der PR-Wert seiner zweifelhaften «Heimkehr» hat sich laut Weltverbands-Präsident Pat McQuaid bereits ausgezahlt. «Schauen Sie sich das an. Die gesamte Weltpresse ist versammelt. Das ist eine gute Sache für den Radsport», frohlockte der Ire nach dem immensen Trubel um den Texaner im Fürstentum. Die Gratulationen indes gehörten Contador und Cancellara. Fürst Albert, der zweifache Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso und Radsport-Legende Eddy Merckx nahmen die Trikotvergaben vor.