Sölden (dpa) - Siege des deutschen Überraschungs-Meisters Gerald Ciolek sind in der kommenden Rad-Saison hoch willkommen. Doch die Erfolge des Youngsters könnten für sein neues Team Wiesenhof-Akud zugleich gefährlich werden.
Bei der DM im Juni ließ das Radtalent Ciolek Erik Zabel und Robert Förster von der arrivierten Konkurrenz T-Mobile und Gerolsteiner ganz alt aussehen. «Noch ein Sieg dieser Kategorie und er ist weg», befürchtet Klaus Robbel, Geschäftsführer des Hauptsponsors, der sein Geld mit der Aufzucht und dem Schlachten von Hähnchen («800 000 pro Tag») verdient.
Der diplomierte Sportmanager und Ex-Profi Raphael Schweda, der die Fäden beim hoffnungsvollen deutschen Zweitliga-Team in den Händen hält, will gegensteuern: «Ciolek soll mit uns wachsen. Unsere Perspektive ist ganz klar ProTour, und dann könnte Gerald auch bei uns weiterfahren, wenn er so einschlägt, wie wir hoffen.»
Das ist noch alles ferne Zukunft. Doch der Meisterschafts-Coup des damals 18-Jährigen hat längst das Interesse von potenten ProTour- Teams geweckt. Der Sohn polnischer Eltern aus Pulheim ist aber auf dem Teppich geblieben. Der 19 Jahre alte Ciolek entschied sich, seine Lehre als Energie-Elektriker bei Ford zu beenden - Prüfung Ende Dezember - und bei Wiesenhof-Akud sportlich weiter dazuzulernen.
«In einem ProTour-Team zu fahren, wäre jetzt noch zu früh. Ich muss mich entwickeln. Die Meisterschaft war erst mein zweites Rennen über 200 Kilometer», sagte Ciolek, der sich von einem Freiburger Rechtsanwalt beraten lässt und sich nun auf seine erste Saison mit der Hauptbeschäftigung Radsport freut. «Wenn ich die Prüfung bei Ford bestehe, kann ich mich voll aufs Fahren konzentrieren, und die Zeiten von 7.15 bis 15.15 Uhr im Werk sind vorbei», meinte Ciolek.
«Seine Explosivität ist unglaublich. In dieser Beziehung ist er weiter, als ich es damals war», lobte Marcel Wüst, der als einziger deutscher Radsportler in allen großen Länder-Rundfahrten Etappen gewann. Der wortgewaltige Kölner Ex-Sprinter, der bei einem Sturz vor drei Jahren ein Auge verlor, ist Sprecher des 15köpfigen Ciolek- Teams, aus dem außerdem der U23-WM-Vierte Carlo Westphal und Routinier Thorsten Schmidt herausragen.
Neben Wüst und Schweda ist Jens Heppner, der im Oktober seinen Abschied feierte, die weitere treibende Kraft. Alle sind mit besonderem Herzblut bei der Sache. Ein Teamtreffen im Skiparadies Sölden mit Sponsoren und Gönnern sorgte für leuchtende Augen bei den jungen Profis, für die die ProTour-Rennen Cyclassics in Hamburg und die Deutschland-Tour die Saisonhöhepunkte 2006 sein sollen.
Den Zuschlag für diese privilegierte Rennen erhofft sich das Team mit dem Professional Continental-Status bei einem Gespräch mit den Organisatoren Anfang Dezember. «Wir sind die dritte Kraft in Deutschland hinter T-Mobile und Gerolsteiner. Milram mit Erik Zabel ist eine italienische Mannschaft», sagte Wüst und rührte bereits die Werbetrommel. Beim belgischen Rennen Het Volk am 25. Februar will Ciolek in die Saison 2006 einsteigen.