Frankfurt (rad-net) - Die viermalige Cross-Weltmeisterin Hanka Kupfernagel hat verblüfft über ihre Streichung aus der A-Kader-Förderung des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) reagiert und dem Verband in einer Pressemitteilung «schlechten Stil» vorgeworfen. Allerdings gehört Kupfernagel, die auch im Jahr 2007 nicht Mitglied der Nationalmannschaft war, bereits seit Oktober nicht zum A-Kader des Verbandes. Die 34-jährige Zeitfahr-Weltmeisterin von 2007 war bei den Olympischen Spielen in Peking leer ausgegangen und hatte im vergangenen Jahr
lediglich den Sieg bei den Deutschen Meisterschaften im Zeitfahren als größten Erfolg auf der Straße gefeiert. Ihren persönlichen Startplatz bei den Weltmeisterschaften in Varese hatte Kupfernagel
wegen Krankheit nicht wahrgenommen.
Dennoch zeigte sich die 34-Jährige über die Streichung aus dem Kader überrascht: «Wenn das stimmen sollte, hätte ich doch eigentlich schon längst etwas Offizielles hören müssen», ließ Kupfernagel mitteilen. Offenbar hatte Bundestrainer Jochen Dornbusch es versäumt, die Cross-Spezialistin, die noch bis zu den Olympischen Spielen 2012 in London weitermachen will, persönlich über die Neuordnung des Kaders in Kenntnis zu setzen. Die Kaderzusammensetzung war im Oktober
bei der entsprechenden Trainertagung bekannt gegeben worden. Der neue Bundestrainer Thomas Liese will Kupfernagel aber auch weiterhin
in der Nationalmannschaft einsetzen.
Für Ex-Bundestrainer Jochen Dornbusch stand eine Einstufung in den A-Kader nie zur Diskussion. «Das ist nur bei entsprechender Leistung möglich», so Dornbusch gegenüber «rad-net». «Das heißt ein Platz unter den Top-Ten bei den Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen oder eine Mitgliedschaft in der Mannschaft, die den Erfolg eingefahren hat. Hanka konnte gar nicht in den A-Kader aufgenommen werden». Der B-Kader ist als nächste Förderstufe für den Nachwuchs vorgesehen. Laut Definition umfasst dieser Kader dabei Sportlerinnen und Sportler mit Perspektive zum mittelfristigen Erreichen des A-Kader-Status des Verbandes. Die grundsätzliche Verweildauer im B-Kader beträgt dabei maximal zwei Jahre nach Verlassen des U23-Bereiches.
Eine Förderung durch den nationalen Verband ist jedoch nicht zwangsläufig an die Mitgliedschaft im BDR-Kader gekoppelt. «Auch in Zukunft stehen Hanka Kupfernagel alle Türen offen», so Leistungssportdirektor Burckhard Bremer. «Eine Nominierung für Weltmeisterschaften und Olympische Spiele hängt nicht von
einer Kader-Mitgliedschaft ab. Auch im Jahr 2007, als Kupfernagel ebenfalls nicht zum Kader des BDR gehörte, war Kupfernagel in Vorbereitung auf ihren Weltmeister-Titel im Zeitfahren bei zahlreichen internationalen Rennen und Rundfahrten im Nationaltrikot des BDR unterwegs, um sich optimal auf die WM in Stuttgart vorzubereiten.»
Ähnlich hatte sich zuletzt auch Bahn-Bundestrainer Andreas Petermann geäußert, der künftig auch auf Profis aus dem Bereich Straße setzen will. «Straßenprofis, die auf die Bahn wollen, erhalten auch ihre Chance. Es ist nicht so, dass für Profis die Tür zur Bahn-Nationalmannschaft zugeschlagen ist», so Petermann im Rennrad-Magazin «TOUR». Kupfernagel ist für die Saison 2009 als Radprofi in einem Mountainbike-Team gemeldet.
Sie sehe angesichts ihrer Erfolge keinen Grund für eine Streichung, meinte
Kupfernagel: «Und da ich nichts davon gehört habe, denke ich, dass es der BDR
genauso sieht.» Kupfernagels Trainer und Lebenspartner Mike Kluge hatte erklärt,
die Stiftung Deutsche Sporthilfe habe ihm die Streichung seiner Partnerin aus
dem A-Kader bestätigt. Damit entgehen Kupfernagel nach Berechnungen Kluges für das Jahr 2009 rund 3000 Euro. Die Förderrichtlinien der Deutschen Sporthilfe
sehen jedoch nur erfolgsorientierte Leistungsprämien vor. Damit hätte sie die
Förderung nur bei entsprechenden Erfolgen in der Saison 2008 bekommen und nicht für eine Zugehörigkeit zu einem Kader.
Die Kaderbesetzung wird von der der Trainerkommission des BDR unter Berücksichtigung der sportfachlichen Aspekte jeweils im Herbst beraten. Kriterien für die Kader-Zugehörigkeit sind dabei unter anderem Erfolge in der abgelaufenen Saison und die Perspektiven für die nächsten Jahreshöhepunkte wie Europameisterschaften, Weltmeisterschaften und Olympischen Spiele. Straßenprofis bei den Männern gehören gar keinem Kader an und werden nach entsprechender sportlicher Qualifikation und einer Leistungseinschätzung für Weltmeisterschaften und Olympische Spiele nominiert.
Bereits seit Jahren werden die internationalen Höhepunkte im Straßenbereich der Elite sowohl bei den Männern komplett von Athletinnen und Athleten aus den Sportgruppen, sprich Profis bestritten.