Frankfurt (rad-net) - John Degenkolb (Giant-Alpecin) hat mit seinen Erfolgen bei Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix Radsportgeschichte geschrieben. Um zu einem Spitzenathleten wie Degenkolb zu reifen, müssen schon früh Grundlagen gelegt werden. Und das beginnt mit einer guten radsportlichen Ausbildung im Jugend- und Juniorenalter, die beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR) einen hohen Stellenwert hat.
«Wir legen sehr viel Wert auf die Nachwuchsförderung, denn das sind unsere Aushängeschilder in der Zukunft», sagt der für den Nachwuchs zuständige BDR-Vizepräsident Toni Kirsch. Deswegen hat der Verband unlängst ein neues Konzept der Talentförderung verabschiedet: «Mit Hilfe der Vereine und Landesverbände wollen wir den Nachwuchs noch gezielter fördern», sagt Kirsch.
Zu dem Konzept gehören regelmäßige Sichtungsrennen in allen Teilen der Bundesrepublik, die Bundes- und Landestrainer schon früh auf neue Talente aufmerksam machen können. Sie werden dann zunächst in Landes-, später in Bundeskadern trainiert.
Eine wichtige Fördermaßnahme ist auch die «Müller - Die lila Logistik Rad-Bundesliga», eine Rennserie, bei der sich neben Männern, die vornehmlich zur Altersklasse der U23 gehören, und Frauen auch die Junioren und Juniorinnen in ausgewählten deutschen Rennen miteinander messen können. Am 1. Mai in Frankfurt stehen die Junioren zu ihrem zweiten Lauf in der Bundesliga 2015 am Start, die U23 kämpft am 10. Mai in der Erzgebirgsrundfahrt in Chemnitz erstmals in dieser Saison um Punkte.
Erste internationale Erfahrungen sammelt der Radsport-Nachwuchs im Juniorenalter. Der Weltradsportverband UCI schuf dafür den Nationencup, der sogar eine Junioren-Ausgabe von Paris-Roubaix beinhaltet, die in diesem Jahr der Niederländer Bram Welten gewann. Zwischen Mai und September stehen sieben Etappenrennen im Terminkalender von Bundestrainer Wolfgang Ruser.
Letztes Jahr konnten Deutschlands Junioren zwei Mal groß auftrumpfen: Bei den Straßenweltmeisterschaften in Ponferrada in Spanien gab es zwei Goldmedaillen durch Jonas Bokeloh (Straßenrennen) und Lennard Kämna (Einzelzeitfahren). Beide Sportler sind mit der neuen Saison altersbedingt in die nächsthöhere Rennklasse der U23 gewechselt. Kämna fährt für das erfolgreiche deutsche Continental-Team Stölting, Bokeloh für die niederländische Mannschaft SEG-Racing.
In dieser Altersklasse zeigt sich, wer die Klasse hat, einmal ein erfolgreicher Profi zu werden. BDR-Sportdirektor Patrick Moster war früher Trainer der Junioren und später der U23 und hat die Karriere des John Degenkolb viele Jahre begleitet und erkannte früh, was in dem jungen Rennfahrer steckte. Bereits bei seiner ersten U23-WM ließ er Degenkolb freie Hand und er wurde Dritter. Zwei Jahre später gewann er noch einmal die WM-Silbermedaille im Straßenrennen der U23, bevor er zu den Profis wechselte.
Bundestrainer Ralf Grabsch ist derzeit für den U23-Kader im BDR verantwortlich. Der ehemalige Radprofi blickt bereits auf einige internationale Einsätze in diesem Jahr zurück und kann ein positives Zwischenfazit ziehen: «Wir sind bei allen drei Veranstaltungen als Mannschaft extrem stark aufgetreten», sagt Grabsch. «Man konnte bei den einzelnen Athleten deutlich erkennen, dass sie sich weiterentwickelt haben», so Grabsch und nennt Jan Dieteren (Leopard Development Team) als Beispiel. Der 22-Jährige wurde zuletzt am Wochenende beim UCI-Rennen La Roue Tourangelle Région Centre-Trophée Harmonie Mutuelle (UCI 1.1) Dritter. «In ihm sehe ich einen neuen starken Eintagesfahrer heranreifen», so Grabsch. Wenn die Saison optimal verläuft, könnte Dieteren bei den Weltmeisterschaften im September in den USA um eine Medaille mitkämpfen.