Rom (dpa) - Dopingsünder Ivan Basso durchbricht die Mauer
des Schweigens und packt aus. Der Giro d'Italia-Sieger von 2006 hat
am Montag seine Verwicklung in den spanischen Dopingskandal um
Eufemiano Fuentes gestanden. Anders als Jan Ullrich hat sich der
italienische Radstar den Justizbehörden offenbar als Kronzeuge
angeboten, um Strafmilderung zu erhalten. «Ivan Basso hat seine
Verantwortung in der Operation Puerto in vollem Umfang zugegeben und
uns seine volle Kooperationsbereitschaft zugesichert», teilte das
Nationale Olympische Komitee Italiens (CONI) am Montagnachmittag dazu
mit. Bassos Haltung könnte zum historischen Moment im Kampf gegen
Doping werden, da erstmals ein großer Star über die Dopingpraktiken
im internationalen Spitzenradsport aussagen will.
Für T-Mobile-Teamchef Rolf Aldag sollte das Basso-Geständnis
«Schule machen und vielleicht Vorbild für andere Verdächtige sein»,
sagte der Ex-Profi mit einem Seitenblick auf seinen ehemaligen
Mannschafts-Kapitän Ullrich. Der inzwischen zurückgetretene Tour-
Sieger von 1997 und Olympiasieger von 2000 leugnet weiter Doping und
eine illegale Zusammenarbeit mit Fuentes, obwohl die bei dem Madrider
Mediziner gelagerten Blutbeutel mit Ullrichs Blut übereinstimmen.
«Der öffentliche Druck hat sicher auch dazu beigetragen, dass
Basso kooperiert», meinte Aldag am Montag weiter. Ullrich droht eine
lebenslange Sperre durch den Schweizer Verband auch für etwaige
Tätigkeiten als Sportlicher Leiter und zwei Strafgerichts-Prozesse.
Neben den beiden Topstars der Szene stehen mindestens 50 weitere
Radprofis im Verdacht, zu Fuentes-Kunden gehört zu haben.
«Ivan hat getan, was alle von Marco Pantani erwartet haben»,
begrüßte der Präsident des italienischen Radsportverbandes, Renato Di
Rocco, Bassos Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Dopingfahndern.
«Lasst ihn jetzt nicht allein», sagte di Rocco. Der 29-jährige
Radprofi Basso hatte den Chef der CONI-Antidoping-Kommission, Ettore
Torri, am Montag von sich aus um ein zweites Treffen gebeten.
Mittags hatte Bassos Anwalt Massimo Martelli mit der Anti-Doping-
Kommission in Rom die Bedingungen für ein weit reichendes Geständnis
ausgehandelt, am Nachmittag fand dann das Gespräch in einer
Anwaltskanzlei im römischen Nobelviertel Parioli statt. Kommentarlos
verließ Basso, der sich an diesem Dienstag der Presse stellen will,
danach die Kanzlei und fuhr mit seinem Anwalt zum Flughafen. «Was
Basso getan hat, hat er aus Liebe zu seinem Sport getan», sagte
Anwalt Martelli: «Es war an der Zeit, das Gewissen zu erleichtern.»
Am vergangenen Mittwoch hatte Basso nach der Wiederaufnahme des im
Vorjahr zunächst eingestellten Verfahrens erstmals in Rom aussagen
müssen. Dort war er offenbar mit einer erdrückenden Beweislage
konfrontiert worden: Blutproben aus sieben bei Fuentes gefundenen
Blutbeuteln ordnet die Guardia Civil Basso zu. Auch ohne den von
Basso noch nicht genehmigten DNA-Abgleich sind die Beweise laut Torri
eindeutig. Kalender-Einträge und SMS-Nachrichten überführten Basso
offenbar als Dopingkunden von Fuentes.
Am Wochenende hatte die Staatsanwältin Maria Cristina Rota Basso
Strafmilderung in Aussicht gestellt, wenn er mit den Behörden
kollaborieren würde. Von der Sportjustiz droht Basso eine Doping-
Sperre von zwei Jahren, in einem anstehenden Zivilrechtsverfahren
sogar eine mehrjährige Haftstrafe. Der Anti-Doping-Pool der römischen
Staatsanwaltschaft hat bereits ein Verfahren gegen Basso eröffnet.
Angesichts der drohenden Gefängnisstrafen und eines eventuell
geringer ausfallenenden Fahrverbots brach am Montag Basso ein:
Beobachter in Rom gehen davon aus, dass der Italiener nun mit einer
nur einjährigen Doping-Sperre rechnen muss und im kommenden Jahr
wieder fahren kann. Wenig Hoffnung diesbezüglich machte allerdings
der Weltverbands-Präsident Pat McQuaid Basso: «Zwei Jahre sind zwei
Jahre. Das sind die Regeln der WADA für ein Erstvergehen.» Es gebe
keinen Spielraum, meinte der Ire am Montag. Die Staatsanwaltschaft
würde einen «Pentito» (Reuigen) glimpflich davon kommen lassen, wenn
ihr dafür ein großer Schlag gegen die Dopingszene gelingen würde.