Adelaide (dpa) - Sein Comeback war zunächst mehr Charme-Offensive als harte Leistungs-Show: Bei der Rückkehr nach 1274 Tagen Rennpause begnügte sich Lance Armstrong bei der Tour Down Under in Australien mit dem 29. Rang 49 Sekunden hinter dem einheimischen Gesamtsieger Allan Davis.
Der 37-jährige Texaner lächelte die Ansprüche weg. Er war außerordentlich freundlich - sogar Reportern gegenüber - entspannt und für die gute Sache engagiert. Für seine Krebs-Stiftung «Livestrong» rührte er die Werbetrommel, sprach mit Australiens Premier Kevin Rudd und besuchte Krebs-Stationen.
Die Tour Down Under war für Armstrong das zweite Comeback seiner Karriere nach der zweijährigen Pause wegen seiner Hodenkrebs-Erkrankung im Jahr 1996. In Frankreich setzte er 1999 zu seinem Jahrhundert-Erfolg an, gewann die Tour de France siebenmal. Fortsetzung folgt - vielleicht in diesem Juli.
Bei so viel positiver Stimmung wollten auch die deutschen Mitfahrer in Australien mit Lobeshymnen nicht hinter dem Berg halten. Sogar der Berliner Jens Voigt, von dem bei Bekanntwerden der Comeback-Pläne im vergangenen September auch leise, kritische Töne zu vernehmen waren, schwärmte: «Er ist der Patron, der er immer war. Ich sehe hier keinen Fahrer, der ihn kritisiert. Der Hype, den es hier gab, wird es auch im Juli in Frankreich geben.» Der schwer gestürzte und ausgeschiedene Vorjahressieger André Greipel aus Rostock fand: «Dass er das alles in den Dienst seiner Krebs-Stiftung stellt, kann man ihm gar nicht hoch genug anrechnen.»
Doping-Verdächtigungen, die Armstrong während seiner gesamten Karriere begleitet haben, spielten auf dem fünften Kontinent keine Rolle und ließen die Arbeitskollegen eh kalt. «Es interessiert nicht, was einmal war. Er wurde nie positiv getestet», sagte Greipel. Deshalb wurde vor Ort auch ohne große Verwunderung «geschluckt», dass Armstrong nun doch nicht - wie vorher angekündigt - seine Blutwerte regelmäßig im Internet veröffentlichen wird, wie es inzwischen die Profis Ivan Basso und Patrik Sinkewitz tun. Der Seriensieger schiebt die Verantwortung dafür dem renommierten Don Catlin zu, der Armstrongs Anti-Doping-Programm leitet: «Don entscheidet, was wir ins Netz stellen».
Durch den Start des Topstars war die sonst eher beiläufig wahrgenommene Tour Down Under ein Zuschauer-Magnet. Insgesamt säumten über 750 000 Menschen die Strecke. Zum Finale über 90 Kilometer waren am Sonntag 140 000 Fans nach Adelaide gekommen. Sie sahen einen Schlussspurt mit dem Italiener Francesco Chicchi an der Spitze vor dem Australier Robbie McEwen. Armstrong kam auf Rang 71. 25 Sekunden hinter dem Tagessieger Chicchi.
«Ich hätte mich selbst lächerlich gemacht, wenn ich von mir eine große Show erwartet und die Leute damit verblüfft hätte. So funktioniert das nicht», sagte Armstrong, der zugab, dass es ihm doch einige Schwierigkeiten bereitete - besonders bei der unbarmherzigen Hitze - in den Renn-Rhythmus zurückzufinden. «Aber die Tage hier haben mir gezeigt, dass ich hart arbeiten kann, das ich mich richtig vorbereitet habe, und das ich wieder auf dem höchsten Level fahren kann», meinte der Rückkehrer, der bei seinem nächsten Auftritt auf dem Weg zu seinen Saisonhöhepunkten Giro d'Italia im Mai und Tour de France im Juli vom 14. bis 22. Februar die Kalifornien-Rundfahrt in Visier hat. In der Heimat wird sein Anspruch im kommenden Monat schon viel höher als ein Platz im Mittelfeld sein.
Vielleicht greift er wie vor Jahren einmal angekündigt, Ondrej Sosenkas Stunden-Weltrekord (49,7 Kilometer von 2005) an. Ex-Weltrekordler Francesco Moser empfahl Armstrong jedenfalls: «Wenn ich er wäre, würde ich es noch in diesem Jahr machen.»