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Urinproben von Sportlern im Dopingkontroll-Labor Kreischa.,
28.08.2005 13:00
Armstrong-Affäre weitet sich aus

Berlin (dpa) - Die Doping-Vorwürfe gegen Lance Armstrong durch die «L'Équipe» waren vielleicht nur die Spitze des Eisberges - nun könnten weitere Namensnennungen im Radsport eine Doping-Lawine auslösen.

Der Chefredakteur der französischen Sportzeitung kündigte im ZDF-Sportstudio weitere Veröffentlichungen von Fahrer-Namen an, von denen positive Doping-Proben aus den Jahren 1998 und 1999 vorlägen. «Wir arbeiten daran», sagte Claude Droussent.

Der Namensabgleich mit den Codenummern der im Doping-Kontrolllabor von Chatenay-Malabry bei Paris nachträglich analysierten Proben sei noch nicht «hundert Prozent sicher». 52 positive Proben ohne Zuordnung sollen der Zeitung und auch der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA noch vorliegen.

Zumindest bis zur Skandal-Tour 1998 sei der Konsum des Blutdopingmittels EPO, das auch Armstrong in sechs B-Proben von 1999 bei seinem ersten Tour-Sieg aufwies, im Fahrerfeld weit verbreitet gewesen. Die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» präsentierte den Ex-Profi Rolf Järmann als Kronzeugen. In einem Interview erklärte der 39-jährige Schweizer, dass Manipulationen mit EPO «Teil des Wettbewerbes» waren. «In der Zeit, in der ich gefahren bin, war EPO weit verbreitet. Deshalb hatten alle die gleichen Chancen. Ich hatte das Gefühl, meine Konkurrenten nehmen das gleiche», sagte Järmann, der 13 Jahre Profi war, 1999 zurücktrat und EPO bis 1998 nahm: «Danach habe ich es nicht mehr angerührt.»

Der Schweizer, 1993 und 1998 Sieger des damaligen Weltcup-Rennens Amstel Gold Race, fuhr auch in einer Mannschaft mit dem jetzigen CSC-Teamchef Bjarne Riis, der 1996 mit Telekom vor Jan Ullrich die Tour de France gewann. «Es wurde nicht kontrolliert, und man hatte das Gefühl, es nimmt jeder. Das Schuldgefühl wurde erst wieder bei der Tour 1998 geweckt, als die Polizei eingegriffen hat», sagte der heutige Werbefachmann weiter. Järmann sieht die Einführung der Bluttests als lebensrettende Maßnahme an.

Ohne Doping-Kontrollen hätte es nach Überzeugung Järmanns Todesfälle gegeben. «Es wäre eine Bedrohung geworden, wenn wir Radsportler nicht freiwillig Bluttests zugelassen hätten. Dank der Tests konnte man das eindämmen. Wir haben gemerkt, dass es ohne Tests nicht weitergehen kann. Deshalb bin ich froh, dass ich Radsportler war und nicht in eine andere Sportart involviert. Wir waren durch die Blutkontrollen am besten geschützt. Wahrscheinlich hatten wir dadurch auch die meisten Skandale», erklärte er weiter.

Zum Fall Armstrong sagte Järmann: «1999 war eine andere Zeit. EPO konnte nicht nachgewiesen werden. Ich bin überzeugt, er ist nicht besser oder nicht schlimmer als alle anderen auch. Am Schluss hat der gewonnen, der am meisten trainiert hat und der das Rennen cleverer gefahren ist als die anderen.» Er glaube, «dass Armstrong ein absolutes Ausnahmetalent ist, dass er einen extremen Siegeswillen hat und viel mehr Professionalität als die meisten anderen.»

Der in sechs B-Proben nachträglich überführte Rekordsieger aus Texas, der nach Meinung vieler Experten kaum sportrechtliche Konsequenzen zu fürchten hat, erhielt inzwischen von Steve Johnson, dem Geschäftsführer des amerikanischen Verbandes USA Cycling, Rückendeckung. Sportrechtler Michael Lehner (Heidelberg) sieht nur eine Möglichkeit, Armstrong zur Rechenschaft zu ziehen, wenn ein Fahrer «mit reinem Gewissen den Mut hätte, ihn auf Schadensersatz zu verklagen». Dies betonte der Anwalt, der auch Danilo Hondo im Doping-Verfahren vertritt, im ZDF.

Den heutigen Fahren stellt der Schweizer Ex-Profi Järmann («EPO steigert die Leistung enorm») kein besonders gutes Zeugnis aus. Von Läuterung sei kaum eine Spur: «Ich denke nicht, dass ein paar Rennfahrer sauber sind und ein paar nicht sauber sind, sondern es sind meistens alle ein bisschen unsauber und ein bisschen sauber.» Järmann: «Ich hätte viel mehr dopen können und wäre dann auch viel besser gewesen. Aber ich bin froh, dass ich es nicht gemacht habe».


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