Berlin (dpa) - Für diese Prognose muss Andreas Klöden nicht lange überlegen: «Lance Armstrong wird Tour-Zweiter.» Seine Team-Kollegen Jan Ullrich und Alexander Winokurow sind Klödens erste Aspiranten auf das Gelbe Trikot im Juli in Paris.
Seine eigenen Chancen beurteilt der Überraschungs-Zweite der vergangenen Tour de France, der bei der Bayern-Rundfahrt nach einem Form-Absturz im April den Wiederanfang wagt, zurückhaltender. «Ich gehe davon aus, dass ich in ähnlicher Verfassung wie im Vorjahr antreten kann», sagte er knapp sechs Wochen vor Beginn der Frankreich-Rundfahrt am 2. Juli.
Der 29-Jährige aus Cottbus weiß im Moment nicht so recht, wo er steht. «Wie meine Form ist, kann ich nach der Bayern-Rundfahrt und der Dauphiné Libéré sagen», meinte der in der Schweit lebende Klöden, der sich der Unterstützung seines Freundes Jan Ullrich sicher sein kann. «Ich weiß, wie er trainiert hat, das wird sich auszahlen. Er wird topfit zur Tour kommen», hatte der T-Mobile-Kapitän mehrmals erklärt.
Klödens Karriere ist eine Berg- und Talfahrt. Seinen Durchbruch erlebte er 2000, als ihn die «L'Equipe» nach seinen Erfolgen bei Paris-Nizza und der Baskenland-Rundfahrt als «Ullrichs Bruder» feierte. In den folgenden Jahren blieb der Olympia-Dritte von Sydney, der vor dieser Saison erfolgreich um einen hoch dotierten Vertrag bei T-Mobile feilschte, nahezu in der Versenkung verschwunden. Krankheiten und Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück.
2004 machte der zierliche Lausitzer mit dem zweiten Rang in Paris hinter Armstrong wieder von sich reden. Dann im Frühjahr der erneute Absturz. Am 20. April gab er den Flèche Wallonne auf. Die medizinischen Abteilung des Bonner Teams bescheinigte ihm falsches Training. «Das Höhentraining im Februar auf Teneriffa war Schuld. Bei Winokurow und Kessler hatte es mehrmals gut angeschlagen. Da wollte ich es auch versuchen», erzählte Klöden. Die 25 bis 36 km lange Anstiege auf Teneriffa hatten ihn «schon viel zu früh an meine Leistungsgrenze» geführt.
Vor fünf Wochen haben sein Trainer Thomas Schediwie und er versucht, das Training zu ändern. Erste Erfolge sollen sich in Bayern und ab 5. Juni in den französischen Alpen zeigen, wo auch der Texaner Lance Armstrong seine Tour-Form vor seinem letzten Ritt durch Frankreich testen wird. «Nach wie vor mache ich mir um seine Tour- Nominierung keine Sorgen», sagte Teamchef Mario Kummer.
Nach seiner Tour-Leistung 2004 traute sich Klöden auch außerhalb der Rennen weit nach vorne. Im «Aktuellen Sportstudio» hatte er eine Diskussion um die Team-Tauglichkeit Erik Zabels für die Tour vom Zaun gebrochen, die ihn nach seinen bisher schwachen Leistungen in diesem Jahr einholte. Inzwischen haben sich die Kontrahenten ausgesprochen.
«Das wurde ein bisschen hochgepusht und vielleicht etwas falsch verstanden. Ich anerkenne natürlich Eriks enorme Leistungen für unser Team und wollte nie seine Qualifikation in Frage stellen», sagte Klöden vor dem Start der Bayern-Rundfahrt. Der forsche Schritt in die Öffentlichkeit tue ihm jetzt leid und er denke, «dass Erik im Tour-Team dabei sein wird».