Hamburg (dpa) - Nach dem umfassenden Doping-Geständnis ihres einstigen Weggefährten Bernhard Kohl haben Rolf Aldag und Christian Henn eine Aufklärung der Vorfälle gefordert - speziell über den krisengeplagten Radsport hinaus. «Das Problem ist viel weitreichender, als nur auf den Radsport einzuschlagen. Ich wünsche mir endlich mal eine faire Aufklärung», sagte Columbia-Sportdirektor Aldag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Am Vortag hatte der wegen Dopings für zwei Jahre gesperrte Kohl zugegeben, seit dem ersten Kontakt mit seinem ehemaligen Manager Stefan Matschiner - im Jahr 2005 - gedopt zu haben. Kohl sprach von dem Doping-Arsenal «EPO, Wachstumshormone, Insulin und Testosteron» sowie Blutdoping.«Das ist schockierend», sagte Henn, der in den vergangenen beiden Jahren als Sportlicher Leiter in Kohls damaligem Gerolsteiner-Team tätig war. Es sei aber das Beste, alles auf den Tisch zu legen, da man dadurch an die Hintermänner rankomme. «Das ist das, was trockengelegt werden muss», forderte Henn. Der jetzige Sportliche Leiter der Milram-Equipe sagte der dpa, er habe von Kohls Doping nichts mitbekommen. «Wir können die Rennfahrer nicht 24 Stunden überwachen. Das geht einfach nicht.» Es habe aber weder von den Ärzten noch vom Weltverband UCI entsprechende Hinweise gegeben. Die aktuellen Negativ-Schlagzeilen aus Österreich seien in der wirtschaftlichen Krise für den Radsport ein «Extra-Schlag».
Sein früherer Telekom-Teamkollege Aldag, der wie Henn 2007 Doping in den 90er Jahren gestanden hatte, ist im Jahr 2005 Seite an Seite mit Kohl im damaligen T-Mobile-Team gefahren. Damals sei Kohl nicht durch «herausragende Leistungssprünge» aufgefallen, sagte Aldag. Die Doping-Aussagen des Österreichers, der im vergangenen Jahr Gesamtdritter bei der Tour de France wurde und die Bergwertung für sich entschied, seien «absolut glaubwürdig». Man sollte Kohl genau zuhören, um Anhaltspunkte zu finden, «dieses Übel anzugehen».
Aldag bemängelte, dass etwa in der Fuentes-Affäre sich alles auf den Radsport konzentriert und kein Mensch über die «hundert anderen» gesprochen habe. Dies solle bei der Aufklärung im «Fall Humanplasma» anders ablaufen. «Lasst uns einfach mal mit dem Mist aufhören: 'Im Radsport ist alles Böse und die anderen sind alle gut'», forderte der 40-Jährige. Man müsse «über den Tellerrand» des Radsports hinausschauen und dürfe nicht einfach Sportarten - etwa im Wintersportbereich - schützen, die Nationalgut seien.