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Nur wenige Meter fehlen: Bei der Bergankunft kann sich der Kolumbianer Felipe Martinez (l) gegen Lennard Kämna (r) behaupten. Foto: Pool/BELGA/dpa
11.09.2020 18:33
Kämna verpasst knapp Erfolg bei 13. Etappe - Martinez siegt

Puy Mary (dpa) - Lennard Kämna haderte zwischen den Bergriesen des Zentralmassivs nur kurz über die verpasste «Riesenchance», dann hatte er seine Angriffslaune wiedergefunden.

«Wir haben gezeigt, dass wir super stark sind. Wir werden es jeden Tag versuchen. Das gibt uns einen Riesen-Motivationsboost für die nächsten Tage», sagte Kämna dem ZDF, nachdem er zwei Tage nach seinem 24. Geburtstag in 1589 Metern Höhe nur hauchdünn an seinem ersten Etappensieg bei der Tour de France vorbeigefahren war.

Kämna belegte auf der 13. Etappe am Freitag nach 191,5 Kilometern und insgesamt sieben Bergwertungen den zweiten Platz hinter Daniel Martinez, direkt dahinter folgte Teamkollege Maximilian Schachmann. Doch der Kolumbianer ließ sich von der Doppelspitze aus dem Bora-hansgrohe-Team nicht austricksen. Die Etappe hatten die beiden deutschen Radstars verloren, den Mut aber keineswegs. «Es wäre schön gewesen, hätten wir den Sieg nach Hause gefahren, aber die Tour ist nicht vorbei», kündigte Schachmann an, der 27 Tage nach seinem Schlüsselbeinbruch wieder Kämpferherz bewies.

Dabei war der Schachzug voll aufgegangen. Martinez musste die ganze Arbeit leisten, um Schachmann, der 20 Kilometer vor dem Ziel alleine losgezogen war, wieder einzuholen. Als der Berliner («Der Tag war für mich 1,3 Kilometer zu lang») dann auf den steilen Rampen des Puy Mary eingeholt und überholt wurde, gingen Kämna und Martinez ins Finish. Der junge Norddeutsche taktierte, attackierte und hatte den Sieg bereits dicht vor Augen - doch am Ende rollte das Riesentalent mit hängendem Kopf über den Zielstrich.

«Es lief alles wie am Schnürchen. Ich hätte 50 Meter später attackieren sollen», haderte Kämna im Nachhinein. So konnte der clevere Martinez noch kontern und «einen besonderen Tag in seinem Leben» feiern. Simon Geschke komplettierte als Siebter das gute deutsche Ergebnis. Dennoch wurden alle Mühen wie schon am Vortag nicht belohnt. Der erste deutsche Etappensieg seit John Degenkolb 2018 lässt weiter auf sich warten. Dabei lief alles nach Plan.

Als Kämna und Co. bereits den Zielstrich passiert hatten, war der Schlagabtausch der Stars auf dem 5,4 Kilometer langen Schlussanstieg mit durchschnittlich 8,1 Prozent Steigung noch in vollem Gange. Top-Favorit Primoz Roglic verteidigte sein Gelbes Trikot und schüttelte dabei Vorjahressieger Egan Bernal ab. Der Kolumbianer verlor weitere 38 Sekunden auf Roglic. Gesamtzweiter ist nun Roglics Landsmann Tadej Pogacar, der 44 Sekunden zurückliegt. Die französischen Hoffnungsträger Guillaume Martin und Romain Bardet verloren dagegen Zeit und dürften ihre Chancen auf einen Toursieg eingebüßt haben.

Womöglich findet sich Kämna in den nächsten Jahren auch in der Gruppe der Sieganwärter wieder. Am Freitag deutete der Youngster wieder sein großes Potenzial an. Vergessen und verdaut waren die drei Stürze zu Beginn der Rundfahrt. Vielmehr knüpfte er an die starke Vorstellung bei der Dauphiné-Rundfahrt an, als er die Etappe nach Megève gewann.

Damals wie heute bekam Kämna freie Fahrt. «So einen richtigen Leader haben wir nicht mehr, außer den Peter (Sagan) für die Flachetappen», meinte Kämna mit Blick auf den in der Gesamtwertung abgeschlagenen Vorjahresvierten Emanuel Buchmann und fügte hinzu: «Wir werden jeden Tag versuchen, in die Gruppe zu gehen und um den Etappensieg mitzukämpfen. Da bekommt jeder seine Chance.»

Das Peloton mit allen Sieganwärtern ließ es bis zu den letzten beiden Anstiegen gemächlich angehen. Und trotzdem gab es wieder Stürze. Dabei erwischte es auch den französischen Hoffnungsträger Romain Bardet, der ausgerechnet in seiner Heimat hart auf den Asphalt knallte. Auch der zweimalige Tour-Zweite Nairo Quintana konnte weiterfahren - im Gegensatz zum bis dato auf Platz 13 platzierten Niederländer Bauke Mollema, der aufgeben musste.

Unterdessen bereiten die steigenden Corona-Infektionszahlen - am Donnerstag waren es fast 10.000 Neuinfektionen in Frankreich - bei der Tour weiter Sorgen. So ging es am Freitag auch durch eine Rote Zone. Christian Prudhomme, der selbst positiv getestet wurde und daheim in Quarantäne sitzt, ist aber noch zuversichtlich. «Wir stehen seit Beginn der Tour in Verbindung mit den Gesundheitsbehörden. Wir haben zwei Szenarien, ein strengeres mit der Reduktion von Zuschauern in roten Zonen wie in Nizza oder Lyon. Das hatten wir seit dem Frühjahr schon im Blick und das haben wir seit dem Start so angewendet», sagte er der ARD.

Auf der 14. Etappe der 107. Tour de France kommen die Klassikerspezialisten auf ihre Kosten. Auf dem 194 Kilometer langen Teilstück von Clermont-Ferrand nach Lyon warten auf den letzten zehn Kilometern die drei kleineren Anstiege La Duchère, Montée de l'Observance und La Croix Rousse. Das könnte Fahrern wie Julian Alaphilippe oder Wout van Aert liegen.


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