Laval (dpa) - Tony Martin gönnte sich im Nieselregen von Laval einen «halben Ruhetag», Titelverteidiger Tadej Pogacar demonstrierte im ersten Kräftemessen der Favoriten seine Stärke.
Der Slowene gewann das erste Einzelzeitfahren der 108. Tour de France überlegen und schrammte um nur acht Sekunden am Gelben Trikot vorbei. Das verteidigte der Niederländer Mathieu van der Poel etwas überraschend erfolgreich, während Sieganwärter wie Julian Alaphilippe und Primoz Roglic eine Schlappe hinnehmen mussten.
In der hügeligen Landschaft östlich von Rennes legte Pogacar ein phänomenales Zeitfahren hin, verwies nach 27,2 Kilometern den Schweizer Europameister Stefan Küng und den Dänen Jonas Vingegaard auf die Plätze zwei und drei. Der Vorjahreszweite Roglic war 44 Sekunden langsamer als Pogacar und nimmt bereits eine gewaltige Hypothek mit in die am Samstag beginnenden Bergetappen.
Dort will dann auch Emanuel Buchmann glänzen, zu dessen Stärken der Kampf gegen die Uhr nicht gehört. «Ich bin soweit zufrieden. Ich wollte nicht zu viel Zeit verlieren, das ist mir gelungen», sagte Buchmann, der 2:28 Minuten langsamer als Pogacar war. Der hatte die gesamte Konkurrenz schon bei der ersten Zwischenzeit geschockt und seinen Vorsprung kontinuierlich ausgebaut. Die Konkurrenz muss Pogacar nun in den Bergen attackieren.
Der wellige Kurs war eigentlich auch perfekt für Tony Martin, doch der viermalige Zeitfahr-Weltmeister ließ es nach den Stürzen auf den ersten Etappen ruhig angehen und fuhr im Energiesparmodus. Ich habe in den letzten beiden Tagen gemerkt, dass es mir nicht zu 100 Prozent gut geht. Die Stürze haben viel Energie gezogen», erklärte Martin. Er habe vorgezogen, einen «halben Ruhetag einzulegen, damit die Wunden eine Chance haben zu heilen und mich auch mental zu nullen». Bester Deutscher wurde Max Walscheid auf Platz 28.
Für Martin spielte der 82. Platz am Ende überhaupt keine Rolle. Bereits am Donnerstag wird sich der 36-Jährige wieder voll in den Dienst von Roglic stellen. Der Slowene ist im Gegensatz zu Martin nicht so glimpflich durch die Stürze gekommen und am ganzen Körper großflächig bandagiert. Das Zeitfahren von Roglic lässt darauf schließen, dass er nicht bei 100 Prozent ist.
Unterdessen hat die französische Polizei die Zuschauerin in Gewahrsam genommen, die auf der ersten Etappe einen Massensturz ausgelöst hatte. Das berichtete die Nachrichtenagentur AFP. Ihr wird vorsätzliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vorgeworfen. Bei der Frau handelt es sich demnach um eine Französin. Die Frau hatte am Samstag ein Pappschild auf die Straße gehalten und damit Martin und in der Folge dutzende Fahrer zu Fall gebracht.
Am Donnerstag schlägt wieder die Stunde der Sprinter. Alles andere als ein Massensprint in Chateauroux wäre eine Überraschung, zumal auf der Strecke gerade mal eine kleine Bergwertung zu bewältigen ist. Mark Cavendish wird auf einen weiteren Erfolg spekulieren. Der Brite feierte in Chateauroux 2008 seinen ersten Etappensieg bei der Tour, weitere 30 folgten.