Bielefeld (rad-net) - Christoph Schweizer und sein Schrittmacher André Dippel haben zum ersten Mal die Deutsche Steher-Meisterschaft gewonnen. In Bielefeld setzte sich das Gespann, das in dieser Saison schon gemeinsam Vize-Europameister wurde, vor den Topfavoriten und Titelverteidigern Franz Schiewer/Gerd Geßler durch. Dritte wurden etwas überraschend Robert Retschke/Holger Ehnert.
«Der Titel ist der Wahnsinn - nach einigen zweiten Plätzen wollte ich unbedingt endlich mal auf eins fahren. Ein gutes Vorzeichen gab es da ja schon bei der EM in Italien», sagte Schweizer und erinnerte an seine Silbermedaille bei der Steher-Europameisterschaft in Pordenone vor zwei Wochen - damit war er bester Deutscher. «Vor dem Rennen heute war ich total nervös, denn zwischen Platz eins und vier war alles möglich. Allerdings hatte ich eigentlich Franz Schiewer auf Platz eins gesehen - vor ihm hatte ich den größten Respekt.»
Zu Beginn des Rennens, das von starkem Wind geprägt war, wollten die EM-Dritten Daniel Harnisch/Peter Bäuerlein, die von Startplatz vier den einstündigen Kampf aufgenommen hatten, unbedingt die Spitzenposition übernehmen. Mit einem Gewaltakt schafften sie es schließlich auch, aber das hatte Harnisch sehr viel Kraft gekostet, die ihm hinten raus fehlen sollte. Kurz danach reihten sich Retschke/Ehnert, Schweizer/Dippel und Schiewer/Bäuerlein auf den Plätzen zwei bis vier ein.
Nach rund 15 gefahrenen Minuten bekam Harnisch Probleme. Er kam von der Rolle und das nutzten Retschke/Ehnert, um an dem Gespann vorbei auf Platz eins zu fahren. Auch die anderen zwei Gespanne zogen vorbei. Von da an bestimmten Retschke/Ehnert das Rennen, während Harnisch/Bäuerlein immer mehr an Boden verloren. Sie schlugen ein hohes Tempo an und es sah schon fast danach aus, als könnte sie nichts mehr von der Spitze verdrängen - auch nicht, als Schiewer/Geßler Schweizer/Dippel um Platz zwei angriffen. Zwar war die Attacke erfolglos, aber dadurch kamen beide Gespanne wieder näher an die Spitze heran. Doch Retschke/Ehnert reagierten rechtzeitig und setzten sich wieder ab.
Doch auf einmal, rund eine Viertelstunde vor Schluss, bekam Retschke Probleme. «Mich hat drei Runden hintereinander immer an derselben Stelle eine starke Windböe erwischt. Das hat mich viel Kraft gekostet, wieder an die Rolle heranzukommen und hat mich aus dem Rhythmus gebracht», bedauerte Retschke, der seit April an einer schweren Schulterverletzung laboriert und den Arm immer noch nicht richtig bewegen kann.
In dieser Situation erfolgte der rennentscheidende Angriff. Christoph Schweizer und André Dippel erhöhten das Tempo und konnten an dem bisherigen Spitzengespann vorbeigehen; auch Schiewer/Geßler schafften den Sprung auf Platz zwei, taten sich dabei aber schwer, schafften aber schließlich den zweiten Rang vor den beiden Chemnitzern zu verteidigen.
«Durch die starken Windböen, die immer wieder an unterschiedlichen Stellen aufgetreten sind, kam es immens auf das Gefühl des Schrittmachers an - und da hat André den Ausschlag gegeben. Er wusste auf seiner Heimbahn genau, wann er etwas mehr Gas gegen den Wind geben musste und wann er bei Rückenwind etwas herausnehmen musste, um mir ein möglichst gleichmäßiges, angenehmes Tempo vorzugeben», erklärte Schweizer.
«Aufgrund des Windes war es ein sehr spannendes Finale», sagte Mario Vonhof, Beauftragter für Steher- und Dernysport im Bund Deutscher Radfahrer (BDR). «Christoph Schweizer und André Dippel haben ihre tolle Form von der EM hier bestätigen können.»