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Nils Politt ist amtierender Deutscher Zeitfahr-Meister, konzentriert sich in Paris aber aufs Straßenrennen. Foto: BDR
08.07.2024 13:36
Road to Paris: Nils Politt - «100 Prozent auf das Straßenrennen»

Frankfurt (rad-net) - Die Olympischen Spiele in Paris rücken immer näher. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) präsentiert in den kommenden Wochen seine Rennfahrerinnen und Rennfahrer, die in Paris am Start stehen. In der heutigen Folge stellen wir Nils Politt vor.

Nils Politt ist Deutschlands erfolgreichster Klassikerfahrer. Bei den Monumenten Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix verpasste er in diesem Frühjahr als Dritter und Vierter nur knapp das Podium. Außerdem war er Zweiter beim Omloop Het Nieuwsblad und Siebter beim E3-Preis in Harelbeke. Seine Nominierung für die Olympischen Spiele in Paris waren also keine Überraschung.

Dem mit 1,92 Metern großgewachsenen Kölner liegen die schweren Klassiker, die kräftezehrenden Kopfsteinpflaster, die winkligen Kurven, die kurzen, giftigen Anstiege. Aber Politt kann vor allem aufs Tempo drücken, Kilometer lang das Peloton anführen, auf langen Geraden so lange an der Spitze fahren, bis die Gegner abgeschüttelt sind. Politt kann sich quälen, hohe Wattzahlen treten, denn er weiß, dass große Erfolge kaum ohne hohen Einsatz und oft auch Schmerzen möglich sind. «Ich sage immer, wenn ich auf den Tacho schaue und sehe, wie viele Watt ich trete, dann müssen die hinten in dem Moment auch Schmerzen haben.»

So hat er in der Vergangenheit große Siege gefeiert, wie 2021 bei der Tour de France in Nimes, wo er im Alleingang auf die Zielgerade bog und den wohl bedeutendsten Triumph seiner Karriere feierte. Im Ziel kämpfte er mit den Tränen und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. «Davon habe ich schon als Kind geträumt. Das ist der größte Sieg, den man holen kann», sagte er in Nimes.

Im gleichen Jahr beendete er die Deutschland-Tour als Gesamtsieger, nachdem er die dritte Etappe nach Erlangen gewann und ins Leadertrikot schlüpfte. Ein Jahr später dominierte er sein Heimrennen Rund um Köln auf ähnliche Weise und jubelte 2022 über den deutschen Meistertitel auf der Straße, den er sich ebenfalls als Solist eroberte. Im letzten Jahr ergänzte er seine Medaillensammlung mit der Goldmedaille bei der Zeitfahr-DM in Bad Dürrheim. Diesen Titel verteidigte er in diesem Jahr an gleicher Stelle erfolgreich.

Nils Politt ist nicht nur selbst ein Weltklasse-Fahrer, er ist auch ein wertvoller Helfer für seine Kapitäne. Darum holte ihn das UAE-Team Emirates auch in diesem Jahr in seinen Tour-Kader. Nach wochenlangem Höhentraining bestreitet Politt derzeit an der Seite von Tadej Pogacar die Tour de France. Die letzten drei Jahre fuhr er für den deutschen Rennstall Bora-hansgrohe, aber als das Angebot von UAE kam, wechselte er. «So ein Angebot kann man nicht ausschlagen», begründete er damals den Wechsel.

Im Mai musste er auf sein Heimrennen Rund um Köln verzichten, weil er mit der Mannschaft im Höhentrainingslager war. Anschließend startete er bei der Dauphiné-Rundfahrt, um sich auf die Tour vorzubereiten, wo er vor allem auf der Flachen ein wichtiger Helfer des Tour-Favoriten Tadej Pogacar ist. Politt mag den Slowenen, der im Umgang mit der Mannschaft genauso nett sei, wie er am Bildschirm rüberkommt, keiner mit Starallüren, trotz seiner großen Erfolge. «Aber er fährt halt in einer anderen Liga.»

Seine Profilaufbahn begann Nils Politt 2016 beim Team Katusha, für das er fünf Jahre fuhr. Dann folgte ein Jahr bei Israel-Premier Tech, bevor Bora-hansgrohe rief. Und mit jedem Jahr wurde der Klassiker-Spezialist stärker. Auch gesundheitliche Rückschläge brachten ihn nicht aus der Spur.

Radsport prägte schon von Kindheit an das Leben des Nils Politt. Der Traum einer Fußballer-Karriere beim Heimverein FC Köln war schnell ausgeträumt, als ihm sein Großvater sein erstes Rennrad schenkte und ihn beim Traditionsverein RV Komet Delia Köln anmeldete. Für diesen Verein ist schon sein Vater Jörg gefahren. Frühe Erfolge steigerten die Lust am Radsport, auch wenn er mit 15 ein kleines Tief erlebte. Als Juniorenfahrer holte Politt dann zwei DM-Titel auf der Bahn, im Madison und in der Mannschaftsverfolgung. 2014 gewann er seinen ersten Zeitfahr-Titel auf der Straße in der Klasse U23 und wurde ein Jahr später Deutscher Straßenmeister der U23.

Parallel absolvierte er in jener Zeit eine Ausbildung zum Speditionskaufmann und zog mit Freundin Annike zusammen. Inzwischen sind sie längst verheiratet, haben zwei Kinder, Tochter Lilly und Sohn Luke. Kind Nummer 3 ist unterwegs. Seine Tochter wurde während der Tour de France 2019 geboren. Die Geburt seines Sohnes zwei Jahre später wollte er nicht verpassen, und verzichtete deshalb auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio.

So wird Paris nun sein erster Einsatz bei Olympia. «Es ist das größte Sportevent, an dem man als Sportler teilnehmen kann. Darum bin ich sehr motiviert, wenn ich in Paris am Start stehen werde», freut sich Politt und glaubt auch, dass ihm die Strecke entgegenkommt.

Das Fahrerfeld wird mit insgesamt 90 Fahrern aber im Gegensatz zu anderen Rennen extrem klein sein. «Ich bin sehr gespannt, wie das ablaufen wird. Auch, weil wir nur mit zwei Fahrern starten dürfen und andere Nationen wie Belgien oder Dänemark viel besser aufgestellt sind», sagt Politt, der sich in Paris voll auf das Straßenrennen fokussieren will. «Ich habe vorher in der Tour viel Arbeit im Team von Tadej Pogacar zu leisten, da passt das Zeitfahren nur eine Woche nach dem Tour-Finale nicht so gut», begründet der Kölner seine Wahl. «So kann ich mich dann zu 100 Prozent auf das Straßenrennen konzentrieren.»

Zum Angeln wird Nils Politt also in diesem Sommer wieder nicht kommen. Es ist ein Hobby, dass er liebt, «weil man da so herrlich entspannen kann». Aber jetzt haben erst einmal andere Dinge Priorität, wie die die Olympischen Spiele von Paris.

Steckbrief
Team: UAE-Team Emirates
Geburtstag: 6. März 1994 in Köln
Wohnort: Hürth
Olympia-Teilnahmen: 0

Erfolge:
2011: 1. U19-DM Mannschaftsverfolgung

2012: 1. U19-DM Zweiermannschaftsfahren

2014: 1. U23-DM Einzelzeitfahren

2015: 1. U23-DM Straße

2017: 3. DM Einzelzeitfahren

2018: Etappensieg und 2. Deutschland-Tour

2019: 2. Paris-Roubaix, 2. WM Mixed-Staffel

2020: 1. Bremer Sechstagerennen

2021: Etappensieg Tour de France, Etappensieg und 1. Deutschland-Tour

2022: 1. Rund um Köln, 1. DM Straße

2023: 1. DM Einzelzeitfahren

2024: 3. Flandern-Rundfahrt, 4. Paris-Roubaix, 2. Omloop Het Nieuwsblad, 1. DM Einzelzeitfahren

Nils Politt privat
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Et hätt noch immer jot jejange (Kölsch für: Es ist noch immer gut gegangen).


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